© Michel Cardin
Das Londoner Manuskript


Solo-Sonate 10 in B-Dur
(Smith-Crawford 15)

Die kompletten und berarbeiteten Texte von 'London unveiled' von Michel Cardin können als pdf-Dateien herunter geladen werden (zur Zeit nur in Englisch): 'London unveiled'

Obwohl sie vollständig im Warschauer Manuskript auftaucht, ist nur die Hälfte der 10.Suite (S-C 14) in Dresden vorhanden. Mit drei Sätzen aus der umfangreichen Suite Divertimento à solo (London, S. 224 bis 232) ist diese Suitenhälfte zu einer eigenen Suite verbunden. Suite Nr. 10 enthält zwei autographe Sätze, die Allemande und die Courante.

"Dieser Ton ist gar divertissant und prächtig, behält dabey gerne etwas modestes, und kan demnach zugleich vor magnific und mignon passiren. Unter andern Qualitäten, die ihm beygelegt werden, ist diese nicht zu verwerfen: Ad ardua animam elevat". Diese Worte hat der Hamburger Komponist und Musiktheoretiker Johann Mattheson (1681-1764) geschrieben, um B-Dur in seiner Übersicht der "Tonartencharakteristik" zu beschreiben. Dieser Text ist überladen mit vielen französischen Ausdrücken (wie hier z.B.: divertissante, modeste, magnifique und mignonne).

Schon von Anfang der Allemande an können wir die Gegenwart einer prachtvollen Noblesse spüren, die von Ruhe erfüllt ist. Das liegt vor allem daran, dass hier sehr überlegt die tieferen Register verwendet werden. Bei einer Dur-Tonart ergibt sich dabei eine völlig andere Atmosphäre als bei einer dunklen Moll-Tonart. Vergleichen Sie zum Beispiel diesen Anfang mit dem der Allemande der 5. Suite (S-C 7), deren Melodie erstaunlich ähnlich beginnt, aber viel düsterer klingt. Die Allemanden von Weiss ähneln einigen der Werke Schuberts: sie scheinen endlos. Diese Endlosigkeit ruft eine Sehnsucht hervor, die uns in einer sanften Traumwelt schweben lässt.

Die lebhafte Courante weckt uns davon wieder auf und erinnert in gewisser Weise an ein Slalomrennen mit ihrer interessanten Mischung aus Achteln und Triolen. In der Dresdener Version ist das Tempo mit moderato angegeben und alle Triolen sind durch die rhythmische Figur ersetzt, die dem Stück einen vollkommen anderen Charakter gibt.

Die tanzähnliche Paysanne hat eine sehr festliche Athmosphäre. Es soll hier kurz erwähnt werden, dass die Suiten 10, 11 und 12 jeweils eine Paysanne enthalten (aber kein Prelude) und dass kein Satz in der parallelen Molltonart steht.

Die Sarabande ist weder dramatisch noch scherzhaft, sondern von charmanter Anmut (bonne grace).

Das Menuet ist zwar eigenwillig, entbehrt aber doch nicht derselben Anmut.

Die Gigue beendet die Suite. Sie strahlt Glanz und Majestät aus mit ihren beredten Phrasen und großen Spannungsbögen.


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